Am 9. November, dem Tag, als vor 82 Jahren auch in Nordhorn die Synagoge der kleinen jüdischen Gemeinde zerstört wurde, durfte unser Religionskurs der Q12 einen Besuch im Kulturhaus NIHZ bei Bobby Rootveld und seiner Frau Sanna van Elst wahrnehmen. Die beiden Künstler leben seit einigen Jahren in Nordhorn, weil sie hier ein Haus gefunden haben, das ihnen in Grenznähe (die beiden kommen aus den Niederlanden) die Möglichkeit gibt, selbst Musikveranstaltungen anzubieten und auch andere Künstler einzuladen, um ihr Können vorzuführen.

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Bobby Rootveld hat seit seiner Kindheit das Bedürfnis gehabt, die Wurzeln seiner jüdischen Familie zu erforschen, von der er weiß, dass ca. 120 Personen, die zu seiner Verwandtschaft zählen, durch das nationalsozialistische System in Deutschland verfolgt und ermordet worden sind. Dass Nordhorn hier auch eine Rolle spielt, hat Bobby Rootveld erst langsam herausgefunden. Der Bruder seines Großvaters wurde im KZ Blechhammer ermordet, vermutlich durch den als besonders brutal geltenden Kommandanten Dr. jur. Erich Hoffmann selbst. Dieser wurde erst 1947 in Nordhorn verhaftet, bis dahin hatte er sich bei einer Nordhorner Familie versteckt. Für seine Taten wurde er 1948 in Polen als Kriegsverbrecher hingerichtet. Bobby Rootveld hat uns mit auf die Spurensuche zum KZ Blechhammer genommen, die er auch in einem Film dokumentiert hat (siehe YouTube: „Between Blechhammer and Nordhorn“).

Bedrückend ist es, zu erfahren, dass Bobby Rootveld sagen muss, dass er sich auch in Deutschland heute nicht sicher fühlt. Angriffe auf Menschen jüdischer Religionsangehörigkeit fanden in den letzten Monaten an mehreren Orten in Deutschland immer wieder statt.

Weil wir uns als Religionskurs besonders mit Religion beschäftigen, wurde auch nach dem religiösen Selbstverständnis unseres Gesprächspartners gefragt. Bobby ist als junger Mensch nicht als religiöser Jude aufgewachsen, aber er hat ein Gefühl für Tradition und Religion erfahren und entwickelt, wenngleich er sich selbst auch nicht als gläubiger Jude bezeichnen würde. Die eigene Beschäftigung mit der Verfolgung und Vernichtung der Juden während des Nationalsozialismus hat ihn aber offenbar auch dahin geführt, Traditionen seiner Kultur aufzunehmen. Er sagt heute, dass er kulturell jüdisch sei. So zum Beispiel wird der Sabbat ebenso rituell begrüßt, wie auch die wichtigen Zimmer im Haus durch eine Mesusa am Türrahmen geschmückt und geschützt werden. Die Beziehung zu Israel, die vor sechs Jahren durch eine Auftrittsreise begann, ist inzwischen für ihn und seine Familie sehr wichtig geworden, sodass sie nun Teile des Jahres in Israel verbringen und sich zu diesem Land sehr hingezogen fühlen.

Bobby und Sanna haben sich auch mit Liedern beschäftigt, die in den Konzentrationslagern von den Verfolgten verfasst und überliefert wurden, weil sie dort heimlich gesungen wurden. Auch ein solches Lied haben sie uns vorgetragen. Danke dafür!

Danke für die Einblicke in Musik, Tradition und Religion, Familiengeschichte und Gegenwart eines Mitbürgers unserer Stadt!

Religionskurs Q12 (Spe) des Gymnasiums Nordhorn